Band 15 - Forschungen zur hallischen Stadtgeschichte

Stiftungen im mittelalterlichen Halle

Zweck, Ausstattung und Organisation
Zugl. Diss., Univ. Halle 2009

Wenn „eyner befunden worde, der do nicht gebete konde, dem sollen die vorsteher keyn gewandt geben, sundern om sagen, das er lerne beten und auff eyne ander zceyth […] widderkome“.

Nikolaus Schildberg, Stifter, 1504

Als Phänomen mit sozialen, ökonomischen und rechtlichen Bindungskräften ist die Stiftung seit der Antike in vielen Zeiten und Kulturen belegt. Die historische Forschung beschäftigt sich seit über 100 Jahren mit den Erscheinungen des Stiftungswesens und hat unter Einbeziehung immer neuer Aspekte vieles über die Funktionsweise, Verbreitung und Träger von Stiftungen zutage fördern können. Fragestellungen, die in neuerer Zeit an die Stiftungen herangetragen werden, richten ihr Augenmerk auf sozialgeschichtliche Aspekte, auf die Akteure und die Konzeption von Stiftungen. Diese Perspektive macht sich der Autor zu eigen, indem er für seine Analyse den Stiftungsbegriff in seine drei prägenden Elemente aufteilt: den Stiftungszweck, das Stiftungsvermögen und die Stiftungsorganisation. Anhand dieser Trias untersucht er am Beispiel Halles die Bedeutung von Stiftungen für eine städtische Gesellschaft im Spätmittelalter und gibt Aufschluss über den Facettenreichtum und die Funktionalität bürgerlicher Stiftungspraxis. Zunächst richtet sich die Aufmerksamkeit auf die verschiedenen Anliegen und Adressaten von Stiftungen, wobei deutlich wird, in welcher Weise Stiftungen das gesellschaftliche Leben beeinflussten und wo sie verankert waren. Darauf folgt die Analyse der für Stiftungen aufgewendeten Vermögenswerte, die sich in Halle in Immobilien, Geldvermögen und Talgüter unterscheiden. In einem dritten Untersuchungsteil wird nach den Organisationsformen gefragt, mit denen das dauerhafte Bestehen der Stiftung gewährleistet werden sollte. Basierend auf einer akribischen Quellenarbeit erfasst die Studie für eine mitteldeutsche Stadt erstmals die Dynamik bürgerlichen Stiftungshandelns, spürt der wachsenden Verflechtung mit kommunalen Institutionen nach und bildet den damit einhergehenden Wandlungsprozess im Hinblick auf Stiftungsintention, -ausstattung und -aufbau ab.

Michael Ruprecht

Halle 2010 mdv,
Format DIN A5, ca. 304 S., Festeinband
ISBN 978-3-89812-734-9
24,00 EUR

Der Autor

Dr. Michael Ruprecht, geb. 1978, 1998–2004 Studium der Geschichte, Historischen Hilfs­wis­senschaften und Prähistorischen Archäologie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wit­tenberg, 2004 Magister, 2009 Promotion, Staatsarchivreferendar beim Landesarchiv Nordrhein-Westfalen in Münster 2009-2011, Leiter des Archivs der Universität Regensburg 2011-2012, seit 2012 Leiter des Archivs der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, seit 2013 amtierender Leiter der Zentralen Kustodie der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Inhalt

  1. Einleitung
    1. Zum Forschungsfeld
    2. Zur Bedeutung von Stiftungen im Mittelalter
    3. Forschungslage und Zielsetzung
    4. Quellen und Methode
  2. Stiftungszwecke und Stiftungsempfänger
    1. Stiftungszwecke
      1. Anniversarstiftungen
      2. Mess- und Pfründenstiftungen
      3. Kapellenstiftungen
      4. Besondere Liturgiestiftungen
      5. Almosenstiftungen
      6. Prädikaturstiftungen
      7. Kirchenhüter- und Kirchendienerstiftungen
      8. Stipendienstiftungen
      9. Aussteuerstiftungen
      10. Sühnestiftungen
      11. Zustiftungen
    2. Stiftungsempfänger
      1. Pfarrkirchen
      2. Ordensgemeinschaften
      3. Kapellen
      4. Spitäler
      5. Bruderschaften
    3. Zusammenfassung
  3. Stiftungsausstattung
    1. Immobilien
      1. Immobilien in der Stadt
      2. Immobilien vor der Stadt
    2. Talgüter
      1. Exkurs: Tal und Talgüter
      2. Talgüter
    3. Renten
      1. Exkurs: der städtische Rentenmarkt
      2. Immobilienrenten
      3. Stadtrenten
    4. Kombinierte Vermögenswerte
    5. Zusammenfassung
  4. Stiftungsorganisation
    1. Rechte und Pflichten der Stiftungsorgane
    2. Stiftungsorgane
      1. Stiftergeschlecht und Freunde
      2. Rat und Kämmerer
      3. Schöffen
      4. Kirchpfleger
      5. Klosterprovisoren
      6. Hospitalvorsteher
      7. Geistliche Stiftungsorgane
      8. Exkurs: Die Organisation von Nikolaus Schildbergs Stiftungen
    3. Diffizilitäten beim Stiftungsvollzug
    4. Zusammenfassung
  5. Schlussbetrachtung und Ausblick
  6. Anmerkungen
  7. Abkürzungsverzeichnis
  8. Quellen- und Literaturverzeichnis